Die wichtigste
Woche des Jahres 2002 begann in Maubach lausig. Das
Freundschaftskomitee und der Ortschaftsrat hatten alle
Hebel in Bewegung gesetzt, um Maubach beim offiziellen
Besuch der Freunde aus Vernosc im schönsten Licht
glänzen zu lassen. Fast eine Woche ließen sie es
regnen. Erst am Freitag, den 19.07.02 nachdem jedes
Steinchen vom Staub befreit war, alle vertrockneten
Blätter sich in fruchtbaren Humus verwandelt hatten und
selbst die hartnäckigsten Unkräuter nicht mehr anders
konnten, als in einem einladend frischen Grün mit den
Blättern im Wind zu wedeln, wurden die Wolken entlassen.
Auch eine warme Brise konnte organisiert werden, die
schnell alle Pfützen trocknete und ganz Maubach im Flair
eines schönen Sommertages erstrahlen ließ.
Dann endlich, um 17:00 Uhr, war es soweit. Nein, die
Gäste kamen noch nicht. Aber das Warten konnte nun laut
Programm offiziell beginnen. Im Schatten der bunten
Sonnenschirme, nur wenige Schritte von dem auf Hochglanz
polierten Bierwagen auf dem damals noch namenlosen
Brunnenplatz neben der Grundschule, fiel es kaum ins
Gewicht, dass unsere französischen Freunde sich mal
wieder von einer typisch deutschen Attraktion aufhalten
ließen:
Sie lagen so gut in der Zeit, dass sie sich den
obligatorischen Stau auf der A 8 einfach nicht entgehen
lassen wollten. Aber sie hielten sich zum Glück nicht
unnötig lange auf, denn auch sie wollten gerne noch vor
dem Abendessen einen guten Schluck kalten Gersten- oder
Apfelsaft durch die Kehle rinnen lassen. Die Helfer aus
den Reihen der Maubacher Feuerwehr hatten sich bereits
gut eingearbeitet, so dass das kühle Nass gleich nach
der Ankunft verteilt werden konnte.
Nach dem offiziellen Auftakt, den der Musikverein als einen Empfang
mit Pauken und Trompeten garnierte, folgte erst mal die
Einquartierung und ein ruhiges Abendessen bei den
Gastgebern.
Der Samstag begann für viele mit einem ausgedehnten
Frühstück im privaten Rahmen. Lediglich für die
Musiker gab es ein Pflichtprogramm: die gemeinsame
Orchesterprobe. Die Feuerwehr offerierte parallel dazu
ein freiwilliges Angebot, dem sich viele anschlossen:
einen Besuch im Feuerwehrmuseum in Winnenden. Der Weg
wurde mit dem französischen Reisebus bestritten, und da
es jedem freigestellt war, mitzufahren, entschlossen sich
auch die französischen Instrumente, heimlich im
Untergeschoss des Reisebusses an der Fahrt nach Winnenden
teilzunehmen - was der Orchesterprobe in Maubach einen
sehr lockeren Rahmen verlieh.
Das offizielle Festprogramm begann mit einer
Taufe, die dem Brunnenplatz neben dem
Schulgelände endlich einen gebührenden
Namen verlieh. Nach den Ansprachen von Herrn
Ortsvorsteher Werner Schwarz, Herrn Bürgermeister Alex
Petit aus Vernosc, und Herrn Oberbürgermeister Dr. Frank
Nopper konnte der langen Reden kurzer Sinn enthüllt
werden: der Platz heißt nun "Place de
Vernosc". Nachdem der Freundschaft bereits
anlässlich der 750-Jahr-Feier vor dem alten Backhaus ein
Denkmal gesetzt wurde, soll dieser Platz nun als Symbol
für das ungezwungene Zusammensein von Freunden gelten.
Um die erhoffte quirlige Lebendigkeit und die wichtige
Aufgabe eines solchen Platzes zu
unterstreichen, führten die Schüler der
Grundschule Maubach noch einmal ihren Tüchertanz vor,
der sich bereits bei der verregneten Sportplatzeinweihung
als absolut wettersicheres Highlight bewährt hatte.
Hierdurch bot sich gleich eine hervorragende Gelegenheit
für die vielen jungen Maubacher Eltern, ihre
Hemmschwellen zu überwinden und sich einen ersten
Eindruck von deutsch-französischer Partnerschaft zu
verschaffen.
Gleich anschließend verlagerten sich die Aktivitäten
auf den neuen Sportplatz, wo ein Indiaka-Turnier auf dem
Programm stand. Dieses nicht nur in Vernosc unbekannte
Spiel wird auf dem Volleyballfeld
zelebriert. Als Ball dient, wie es ein Gast etwas
verfremdet ausdrückte, "une pomme de terre avec des
Plumes" - zu deutsch "eine Kartoffel mit
Federn", an deren Flugeigenschaften man sich erst
mal gewöhnen muss.
Der SV Maubach überließ als Ausrichter des Turniers
ehrenhalber die ersten fünf Plätze den übrigen
teilnehmenden Mannschaften, die meist binational gemischt
antraten. Auch
die Mannschaft der Ortschaftsräte und Komiteemitglieder übte sich in
Bescheidenheit, sie konnte darin die Teams der
Feuerwehren und Musikvereine noch deutlich überbieten.
Im Finale zwischen dem Tischtennisclub Maubach und den
Vernoscer Basketballern stand dann aber als Höhepunkt
ein echtes Länderspiel an, das an Spannung kaum zu
übertreffen war. Die französische Equipe wollte
zunächst ebenfalls noch im Bescheidenheitsturnier
mithalten und lag zur Halbzeit mit einem
kaum noch zu unterbietenden Punkteverhältnis zurück.
Doch in der Gluthitze der Sonne zündete in der zweiten
Halbzeit ihr sportlicher Ehrgeiz. Sie konnten ihr Können
und schauspielerisches Talent
nicht länger unter Kontrolle halten, so
dass sie mit bemerkenswerten Stunts
und Showeinlagen
verdient zum Sieger des Turniers gekürt wurden.
Anschließend war erst einmal Pause angesagt, die jeder
anders nutzte. Die Sportler trafen sich zu einer
Ehrenrunde Basketball, die Zuschauer machten sich derweil
zum Apéritif bereit, suchten das Gespräch an der
Biertheke oder legten einfach eine Ruhepause ein.
Einfach müde oder etwa der erste Zwischenfall?

Es ging das Gerücht um, Max Poinas, der
Vorsitzende des Vernoscer Freundschaftskomitees, hätte
derweil die benachbarten Neubauten besichtigt, um sich
ein Bild von den Fortschritten zu machen (und, viel
wichtiger, heimlich eine Zigarette zu rauchen). Dem
Gerücht zufolge passierte, was in solch einer Situation
passieren muss: Die achtlos weggeworfene Zigarettenkippe
setzte das ebenso achtlos weggeworfene trockene Holz im
Rohbau in Brand, so dass es den Feuerwehren von Maubach
und Vernosc  nur mit vereinten
Kräften gelang, den Täter aus den Flammen zu retten.
Schnell war aber klar, dass es sich bei dem
vermeintlichen Fehltritt nur um eine inszenierte
Löschübung handelte.
Und weil sie beim Publikum so gut angekommen war, gingen
auch die Zuschauer nach einer eingeschobenen Besichtigung
der ausgestellten Löschfahrzeuge zügig dazu über, sich
selbst im Löschen (brennender Kehlen) zu üben. Sie
waren natürlich weniger routiniert und brauchten
entsprechend länger, zumal die "Blue Diamonds"
mit teils feurigen Rhythmen zum
Abendessen aufspielten und die heißen Sohlen auf dem
Parkett, auf den Tischen und auf den
Stühlen immer wieder neue Brandherde legten .
Zum Abendprogramm gehörte auch die
mittlerweile ins Brauchtum aufgenommene öffentliche
Geschenkübergabe. Diesmal war auch ein Präsent für
alle Maubacher Bürger dabei: Die Web-Site www.vernosc.fr
wurde um viele, von den Vernoscern ins Deutsche
übersetzte Seiten erweitert, die einen ausführlichen
Überblick über die Geschichte der Freundschaft zwischen
Maubach und Vernosc geben.




Kurz nachdem die letzten Abendgäste die Festhalle
verließen, begann bereits das Sonntagsprogramm. Die Freundschaftskomitees trafen sich um 9 Uhr zum Blick in die
Glaskugel, und die Musiker mussten ihre letzten
Vorbereitungen für ihr anschließendes gemeinsames
Konzert treffen. Die folgenden musikalischen Darbietungen
waren - wie immer, wenn echte Könner
aufeinander treffen - ein perfekt abgestimmter
Ohrenschmaus aus Professionalität, Spontanität und dem
notwendigen Quäntchen kreativer Improvisation.
Vor dem Mittagessen kann etwas Bewegung nicht schaden,
deshalb luden "Les pas perdus", zu Deutsch
"Die verloren gegangenen Schritte", noch zu
ihrer Darbietung folkloristischer Tänze ein. Für das
südfranzösische Ambiente sorgte neben den liebevoll genähten Trachten, den
Blumenkörbchen und den virtuosen Klängen der zwei Akkordeonspieler auch die frische Brise bei 
blendendem Sonnenschein, die dem französischen
Mistral in nichts nachstand. "Les pas perdus"
wurden in der Dankrede von Lilli Reiß kurzerhand
umgetauft in "Les chapeaux perdus", zu Deutsch
"Die verlorenen gegangenen Hüte" - denn der
Wind machte auch vor den Requisiten nicht halt. 
Eine abschließende Polonaise mit Akkordeonmusik, auf dem
Weg zurück zur Festhalle, stimmte dann schon mal sanft
auf die Warteschlangen beim Mittagessen ein. Obwohl noch
ein extrem trauriges Ereignis bevorstand - der Abschied -
mussten einige Teller gleich nach dem Essen wieder zur Seite geschoben werden,
um auf den Tischen Platz für tanzende Füße zu
machen....
Leider wird es nun zwei Jahre dauern, bis wir alle wieder
in so großer Zahl und so ausgelassen zusammentreffen
werden. Die Einladung steht: Wir fahren 2004 nach
Vernosc. 
Und Sie?
PS: Kinder sind ausdrücklich erwünscht. Wir haben für
die Fahrt sicher wieder genügend erfahrene, belastbare und jung gebliebene
"Omas", "Opas", "Tanten"
und "Onkels" dabei, die sich bestens auf die
Unterhaltung kleiner Quälgeister verstehen! Und in
Vernosc stehen ebenfalls sicher Gastgeberfamilien mit
jüngeren Kindern in den Startlöchern, die sich nur
teilzunehmen trauen, wenn...
Auf jeden Fall kann es nicht schaden, bereits jetzt
Kontakt mit "vernoscerfahrenen" Nachbarn und
Freunden oder, z.B. als Neubürger, mit dem
Freundschaftskomitee aufzunehmen, um das Interesse warm
zu halten.
Für alle Angsthasen, die sich ohne sprachliche
Grundkenntnisse nicht trauen: Die VHS Backnang freut sich
während dieser zwei Jahre auf ihren Besuch!
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